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Die Prozesskette zur Entstehung der Erdgaspreise für Endverbraucher


Erdgas spielt eine zentrale Rolle in der Energieversorgung Europas und der Welt. Die Preisbildung für Erdgas ist ein komplexer Prozess, der von zahlreichen Faktoren beeinflusst wird. Dazu gehören unter anderem die Gewinnung, Weiterverarbeitung, Transport und verschiedene Abgaben. Insbesondere im Kontext der zunehmenden geopolitischen Spannungen und der globalen Bemühungen zur Reduktion von CO₂-Emissionen wird das Thema immer relevanter. In diesem Artikel wird die gesamte Prozesskette der Erdgaspreisbildung beleuchtet – von der Förderung in den USA oder der Türkei bis hin zur Auslieferung an europäische Endverbraucher.

Gewinnung und Aufbereitung von Erdgas

Die erste Stufe der Prozesskette beginnt mit der Förderung von Erdgas. Dieses wird entweder durch konventionelle oder unkonventionelle Methoden wie Fracking gewonnen. In den USA hat insbesondere das Fracking zur Erschließung neuer Erdgasvorkommen geführt, was das Land zu einem der größten Erdgasproduzenten der Welt gemacht hat.

Kosten der Erdgasgewinnung

Die Kosten der Erdgasförderung hängen stark von der Methode ab. Konventionelle Förderung ist in der Regel günstiger als Fracking, jedoch sind die Erschließungskosten für neue Felder hoch. Die durchschnittlichen Förderkosten in den USA liegen zwischen 1 und 3 USD pro MMBtu (Million British Thermal Units), wobei unkonventionelle Methoden wie Fracking am oberen Ende dieser Skala liegen.

Umweltvorschriften und Abgaben

In den USA unterliegen die Erdgasförderunternehmen verschiedenen Umweltauflagen. Diese beinhalten Regularien zur Reduktion von Methanemissionen, die als besonders schädlich für das Klima gelten. Solche Vorschriften erhöhen die Produktionskosten, da Unternehmen in Technologien zur Emissionsminderung investieren müssen. In den meisten Staaten der USA werden zudem Abgaben auf die Förderung erhoben, die von der Fördermenge und den aktuellen Marktpreisen abhängen. Diese Abgaben können zwischen 5 und 15 % der Förderkosten betragen.

Tabelle 1: Übersicht der Kosten in der Produktionsphase

Kostenart Kostenbereich (USD/MMBtu)
Konventionelle Förderung 1 – 2
Unkonventionelle Förderung 2 – 3
Umweltvorschriften/Abgaben 0,2 – 0,5

Weiterverarbeitung und Verflüssigung

Nach der Förderung wird Erdgas weiterverarbeitet, um Verunreinigungen wie Schwefel, Wasser und andere unerwünschte Komponenten zu entfernen. Dieser Schritt ist entscheidend, um das Gas für den Transport vorzubereiten. Ein Großteil des in den USA geförderten Gases wird als Flüssigerdgas (LNG) exportiert.

Verflüssigung von Erdgas

Um Erdgas zu verflüssigen, wird es auf -162°C abgekühlt. Dieser Prozess reduziert das Volumen des Gases um das 600-fache, was den Transport über weite Strecken wirtschaftlich macht. Die Kosten für die Verflüssigung liegen je nach Anlage und Energiepreisen bei etwa 0,5 bis 1,5 USD/MMBtu.

CO₂-Abgaben und Umweltkosten

Bei der Verflüssigung von Erdgas entstehen erhebliche Mengen an CO₂-Emissionen. Viele Länder erheben CO₂-Abgaben, um die externen Kosten der Emissionen zu internalisieren. In den USA variieren diese Abgaben je nach Bundesstaat, während in Europa ein einheitlicher CO₂-Preis von etwa 80 bis 100 Euro pro Tonne CO₂ gilt. Diese Abgaben erhöhen die Verflüssigungskosten und werden letztlich auf den Endverbraucher umgelegt.

Transport und Distribution

Der Transport von Erdgas kann auf zwei Arten erfolgen: per Pipeline oder als LNG auf speziellen Tankschiffen. Beide Methoden haben ihre eigenen Vor- und Nachteile.

Pipeline-Transport

Der Pipeline-Transport ist die effizienteste und kostengünstigste Methode, um Erdgas über Land zu transportieren. Der Bau von Pipelines ist jedoch kapitalintensiv und unterliegt oft politischen Herausforderungen. Der Transport von Erdgas aus der Türkei nach Europa über Pipelines wie die Transanatolische Erdgas-Pipeline (TANAP) kostet etwa 1 bis 2 USD/MMBtu.

LNG-Transport

Für den Transport von LNG sind speziell ausgelegte Tankschiffe erforderlich. Der LNG-Transport von den USA nach Europa kostet zwischen 1,5 und 3 USD/MMBtu. Diese Kosten beinhalten die Kompression des Gases, den Transport und die anschließende Regasifizierung in den europäischen LNG-Terminals.

Ladung und Entladung

Die Ladung und Entladung von LNG sind technisch anspruchsvoll und erfordern spezielle Infrastrukturen. Diese Prozesse tragen zusätzlich zu den Gesamtkosten bei, insbesondere wenn der LNG-Transport über lange Strecken erfolgt. Die Kosten für die Ladung und Entladung von LNG belaufen sich auf etwa 0,1 bis 0,2 USD/MMBtu.

Tabelle 2: Transportkostenvergleich

Transportmethode Kostenbereich (USD/MMBtu)
Pipeline (Türkei-EU) 1 – 2
LNG (USA-EU) 1,5 – 3
Ladung/Entladung 0,1 – 0,2

Weiterverarbeitung und Vertrieb

Sobald das Erdgas in Europa angekommen ist, muss es weiterverteilt und an die Endverbraucher geliefert werden. Diese Phase umfasst die Regasifizierung, den Pipeline-Transport innerhalb Europas und den Vertrieb an industrielle sowie private Kunden.

Regasifizierung

In LNG-Terminals wird das Flüssigerdgas wieder in den gasförmigen Zustand überführt. Diese Regasifizierung kostet zwischen 0,3 und 0,5 USD/MMBtu. Aufgrund der hohen Energiedichte von LNG und der damit verbundenen Sicherheitsvorkehrungen sind die Kosten für die Regasifizierung relativ hoch.

Netzgebühren und Steuern

In Europa unterliegt der Erdgastransport durch das nationale Netz Gebühren, die je nach Land unterschiedlich sind. Diese Netzgebühren betragen in der Regel zwischen 0,5 und 1,0 USD/MMBtu. Hinzu kommen Steuern auf den Erdgasverbrauch, die in einigen Ländern wie Deutschland oder Italien besonders hoch sind.

In Deutschland setzt sich der Endverbraucherpreis für Erdgas unter anderem aus folgenden Komponenten zusammen:

  • Energiepreis: Kosten für das eigentliche Erdgas
  • Netzentgelte: Gebühren für die Nutzung des Gasnetzes
  • Steuern: Energiesteuer, Mehrwertsteuer und gegebenenfalls CO₂-Abgaben
  • Regulierungskosten: Umlagen zur Förderung erneuerbarer Energien oder andere staatlich veranlasste Abgaben

Zusammensetzung des Endverbraucherpreises

In Deutschland lag der durchschnittliche Erdgaspreis für Haushaltskunden im Jahr 2023 bei etwa 12 bis 15 Eurocent pro kWh. Dieser Preis setzt sich wie folgt zusammen:

  • Energiepreis: 4 – 6 Eurocent/kWh
  • Netzentgelte: 2 – 3 Eurocent/kWh
  • Steuern und Abgaben: 5 – 6 Eurocent/kWh

Tabelle 3: Zusammensetzung des Erdgaspreises in Deutschland

Kostenkomponente Preisbereich (Eurocent/kWh)
Energiepreis 4 – 6
Netzentgelte 2 – 3
Steuern/Abgaben 5 – 6

Einheitenvergleich und Preisbildung

Erdgas wird weltweit in verschiedenen Einheiten gehandelt, was den internationalen Vergleich der Preise erschwert.

Gängige Einheiten

  • MMBtu (Million British Thermal Units): Diese Einheit wird vor allem in den USA verwendet und misst die Energiemenge.
  • MWh (Megawattstunde): In Europa wird Erdgas oft in MWh gemessen, insbesondere bei der Abrechnung mit Endverbrauchern.
  • Kubikmeter: Dies ist eine Volumeneinheit, die häufig bei der Erdgasabrechnung innerhalb Europas genutzt wird.
  • MMcf (Million cubic feet): Diese Einheit wird in den USA und anderen Ländern verwendet, um das Gasvolumen zu messen.

Umrechnung und Unterschiede

1 MMBtu entspricht etwa 0,293 MWh oder etwa 28,3 Kubikmetern Erdgas. Diese Unterschiede in den Maßeinheiten führen oft zu Verwirrung bei der Preisbildung. Der US-amerikanische Markt tendiert dazu, Preise in MMBtu zu notieren, während europäische Märkte Preise in Euro/MWh angeben.

Preisbildung auf dem internationalen Markt

Die internationalen Erdgaspreise werden stark durch das Angebot und die Nachfrage auf den globalen Märkten beeinflusst. LNG-Preise werden oft an den Henry Hub (USA) gekoppelt, während Pipelinegaspreise in Europa häufig an den niederländischen TTF (Title Transfer Facility) Index gebunden sind.

Vergleich der Preisbildung: LNG aus den USA vs. Pipelinegas aus der Türkei

Ein Vergleich der Preisbildung zwischen LNG aus den USA und Pipelinegas aus der Türkei zeigt deutliche Unterschiede.

LNG aus den USA

  • Förderkosten: 2 USD/MMBtu
  • Verflüssigungskosten: 1 USD/MMBtu
  • Transportkosten: 2 USD/MMBtu
  • Regasifizierungskosten: 0,5 USD/MMBtu
  • Gesamtkosten: 5,5 USD/MMBtu (ca. 18,6 Euro/MWh)

Pipelinegas aus der Türkei

  • Förderkosten: 1,5 USD/MMBtu
  • Transportkosten: 1,5 USD/MMBtu
  • Gesamtkosten: 3 USD/MMBtu (ca. 10,1 Euro/MWh)

Tabelle 4: Kostenvergleich LNG vs. Pipelinegas

Kostenkomponente LNG (USD/MMBtu) Pipelinegas (USD/MMBtu)
Förderung 2 1,5
Verflüssigung/Transport 3 1,5
Regasifizierung/Netzentgelte 0,5
Gesamtkosten 5,5 3,0

Zölle und Abgaben entlang der Lieferkette

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Preisbildung sind die Zölle und Abgaben, die entlang der Lieferkette anfallen. Diese variieren je nach Transitland und Zielmarkt erheblich.

  • USA: Erdgasexporte unterliegen Exportkontrollen, jedoch keine direkten Zölle.
  • Türkei: Die Türkei erhebt Transitgebühren auf Erdgas, das durch das Land fliesst. Diese betragen etwa 0,2 bis 0,3 USD/MMBtu.
  • EU: Die Europäische Union erhebt keine Einfuhrzölle auf Erdgas, jedoch werden Umweltabgaben und Steuern erhoben, die von Land zu Land variieren.

Fazit

Die Preisbildung für Erdgas ist ein komplexer Prozess, der von zahlreichen Faktoren entlang der gesamten Wertschöpfungskette beeinflusst wird. Von der Förderung über den Transport bis hin zur Lieferung an den Endkunden fallen verschiedene Kosten und Abgaben an, die letztlich den Preis bestimmen. Im Vergleich zu Pipelinegas ist LNG tendenziell teurer, was auf die zusätzlichen Kosten für Verflüssigung und Transport zurückzuführen ist. Dennoch kann LNG aus den USA eine wichtige Rolle bei der Diversifizierung der europäischen Energieversorgung spielen.

Quellen

  1. EIA – U.S. Energy Information Administration
  2. BP Statistical Review of World Energy
  3. IEA – International Energy Agency
  4. Eurostat
  5. DEHSt – Deutsche Emissionshandelsstelle

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