Die BRICS-Gruppe (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) ist seit ihrer Gründung 2009 ein bedeutender Akteur in der internationalen Handels- und Wirtschaftslandschaft. Mit der für 2024 geplanten Erweiterung um neue Mitgliedstaaten wie Iran, Ägypten, Argentinien und Äthiopien gewinnt das Bündnis weiter an geopolitischer und wirtschaftlicher Bedeutung. Dieser Artikel untersucht das Handels- und Transportpotenzial der BRICS-Staaten nach der Erweiterung, beleuchtet die Entwicklungen im Bereich der internationalen Logistik und analysiert, wie die neuen Mitglieder zur Stärkung der globalen Handelsverflechtungen beitragen können.
BRICS: Eine wachsende globale Wirtschaftskraft
Die BRICS-Staaten spielen eine zunehmend wichtige Rolle in der globalen Wirtschaft. Bereits heute stellen sie fast die Hälfte der Weltbevölkerung, ein Drittel der Landfläche und etwa ein Viertel des weltweiten Handelsvolumens. Mit dem Beitritt neuer Länder wird diese Bedeutung weiter zunehmen. Laut einer gemeinsamen Studie der Roscongress Foundation und des ITI Research Center, die im Rahmen des Eastern Economic Forum 2024 vorgestellt wurde, wird erwartet, dass die BRICS-Staaten nach der Erweiterung 35 % des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Kaufkraftparitäten (KKP) erbringen.
Wirtschaftliche Kennzahlen der BRICS-Staaten (nach Erweiterung)
Kennzahl | Anteil der BRICS nach Erweiterung |
---|---|
Weltbevölkerung | 48 % |
Weltweite Landfläche | 33 % |
Anteil am globalen Handel | 25 % |
Anteil am globalen BIP (KKP) | 35 % |
Anteil an der globalen Ölproduktion | 40 % |
Anteil an globalen Rohstoffexporten | 25 % |
Anteil an Eisenerzreserven | 30 % |
Quelle: Roscongress Foundation, ITI Research Center (2024)
Die Erweiterung des BRICS-Bündnisses bietet sowohl für die etablierten Mitglieder als auch für die neuen Beitrittsländer erhebliche wirtschaftliche Chancen. Insbesondere Länder wie Ägypten und Iran, die strategisch an wichtigen Handelsrouten liegen, bringen neue Perspektiven in Bezug auf Infrastrukturentwicklung und Handelslogistik mit sich.
Iran: Ein Schlüsselspieler für transkontinentale Handelsrouten
Mit dem Beitritt Irans gewinnt die BRICS-Gruppe erheblich an Bedeutung für transkontinentale Handelsströme. Aufgrund seiner strategischen geografischen Lage fungiert Iran als Verbindungspunkt zwischen dem Kaspischen Meer, dem Persischen Golf und dem Indischen Ozean. Dies eröffnet neue Möglichkeiten, um chinesische und indische Frachtströme zu kombinieren und neue Handelswege zu erschliessen, insbesondere entlang des Nord-Süd-Korridors (North-South Transport Corridor, NSTC).
Der NSTC verbindet Russland, den Iran und Indien und stellt eine kostengünstigere und schnellere Alternative zu bestehenden Routen durch den Suezkanal dar. Die Entwicklung dieses Korridors wird durch die Anbindung an Irans Eisenbahn- und Hafeninfrastruktur entscheidend gefördert. Investitionen in diese Bereiche sind daher von grosser Bedeutung, um Irans Transitpotenzial zu maximieren und eine engere Integration in die globale Handelslandschaft zu ermöglichen.
Bedeutung des Nord-Süd-Korridors (NSTC)
Der Nord-Süd-Korridor ist nicht nur eine Abkürzung für den Handel zwischen Indien, Russland und Europa, sondern eröffnet auch neue Märkte in Zentralasien und im Nahen Osten. Dieser Korridor kann durch den Beitritt Irans in das BRICS-Netzwerk vollständig ausgeschöpft werden. Der NSTC bietet eine Reihe von Vorteilen:
- Verkürzte Transportzeiten: Die Transportdauer auf dem Nord-Süd-Korridor beträgt zwischen 15 und 25 Tagen, im Vergleich zu 40 Tagen auf der traditionellen Route durch den Suezkanal.
- Geringere Transportkosten: Der NSTC ist kosteneffizienter, da er Land- und Seewege kombiniert, was die Transportkosten für Waren erheblich senkt.
- Steigerung des bilateralen Handels: Mit einer besseren Anbindung an die BRICS-Staaten könnten die Handelsvolumina zwischen den Ländern entlang des Korridors erheblich steigen.
Die Rolle der Eisenbahninfrastruktur im BRICS-Raum
Die Eisenbahninfrastruktur der BRICS-Staaten spielt eine entscheidende Rolle für den Erfolg des transnationalen Handels. Die Gesamtlänge des Eisenbahnnetzes der BRICS-Länder beträgt mehr als 382.000 Kilometer, von denen über 213.000 Kilometer elektrifiziert sind. Dies ermöglicht einen nachhaltigen und effizienten Gütertransport. Gemeinsam wickeln die BRICS-Länder etwa 64 % des weltweiten Eisenbahnfrachtverkehrs ab, was ihr Potenzial als zentrale Akteure in der globalen Logistik unterstreicht.
Eisenbahndaten der BRICS-Staaten
Kennzahl | Wert |
---|---|
Gesamtlänge des Eisenbahnnetzes | 382.000 km |
Elektrifizierte Strecken | 213.000 km |
Transportierte Güter (pro Jahr) | 8,4 Milliarden Tonnen |
Anteil am globalen Eisenbahnfrachtverkehr | 64 % |
Die Eisenbahninfrastruktur ist nicht nur für den internationalen Handel von Bedeutung, sondern auch für die interne wirtschaftliche Entwicklung der BRICS-Staaten. Eine gut ausgebaute Eisenbahnlogistik ermöglicht es, Waren effizient und kostengünstig zwischen den Mitgliedsländern zu transportieren. In Zukunft wird erwartet, dass der Schienentransport eine noch grössere Rolle spielen wird, da er zur Lösung von Problemen wie Containerisierung und Verwaltung von Handelsströmen beitragen kann.
Handelspotenzial innerhalb des erweiterten BRICS
Ein entscheidender Vorteil der BRICS-Erweiterung besteht darin, dass die Handelsverbindungen zwischen den Ländern gestärkt werden können. China, das bereits heute 42 % des Handelsvolumens innerhalb der BRICS-Gruppe ausmacht, wird eine zentrale Rolle dabei spielen, neue Handelsbeziehungen zu fördern. Auf der anderen Seite tragen kleinere Länder wie Äthiopien (mit einem Anteil von 0,44 % am BRICS-Handel) dazu bei, das Bündnis zu diversifizieren und neue Märkte zu erschliessen.
Unterschiedliche Handelsbedeutung der BRICS-Staaten
Land | Anteil am BRICS-Handelsvolumen (%) |
---|---|
China | 42 |
Indien | 20 |
Russland | 18 |
Brasilien | 15 |
Südafrika | 5 |
Äthiopien | 0,44 |
Diese asymmetrische Handelsstruktur zeigt, dass es wichtig ist, gemeinsame Prinzipien für die Außenhandelspolitik zu entwickeln, um den Nutzen der Integration gleichmässig auf alle Mitgliedstaaten zu verteilen. Eine transparente, nicht-diskriminierende und inklusive multilaterale Handelsordnung, wie sie von BRICS angestrebt wird, kann dazu beitragen, Handelsungleichgewichte zu minimieren und das Wachstumspotenzial aller Mitgliedsländer zu maximieren.
BRICS und die globale Rohstoffversorgung
Neben dem Handels- und Logistikpotenzial spielen die BRICS-Staaten eine zentrale Rolle in der globalen Rohstoffversorgung. Sie sind für mehr als 40 % der weltweiten Ölproduktion verantwortlich und liefern rund 25 % der globalen Rohstoffexporte. Die reichen Vorkommen an natürlichen Ressourcen, insbesondere Eisenerz in Brasilien, Russland, China, Indien, Iran und Südafrika, sind von strategischer Bedeutung für die industrielle Entwicklung und das Wachstum der BRICS-Staaten.
Durch den Ausbau der Infrastruktur und die stärkere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsländern können diese Rohstoffe effizienter gefördert und gehandelt werden. Dies könnte auch dazu beitragen, die globalen Lieferketten zu stabilisieren und Engpässe in der Rohstoffversorgung zu verringern.
Verkehrsverbindungen und logistische Herausforderungen
Eine weitere Stärke der BRICS-Länder liegt in ihrer geographischen Lage entlang wichtiger internationaler Transportkorridore. Zu den bedeutendsten gehören die Ost-West-Route, die «One Belt, One Road»-Initiative sowie der bereits erwähnte Nord-Süd-Korridor. Darüber hinaus bieten die Seerouten nach Brasilien und Ägypten durch die Häfen des Asowschen und Schwarzen Meeres erhebliche logistische Vorteile.
Die Verfügbarkeit verschiedener Transportwege – sowohl auf dem Land- als auch auf dem Seeweg – erhöht die Wettbewerbsfähigkeit der BRICS-Staaten im globalen Handel. Dennoch müssen bestehende logistische Herausforderungen, wie etwa der Ausbau der Hafeninfrastruktur und die Verbesserung der Verwaltungsprozesse im Warenverkehr, angegangen werden, um das volle Potenzial auszuschöpfen.
Fazit: BRICS als treibende Kraft des globalen Handels
Die Erweiterung der BRICS-Gruppe im Jahr 2024 stellt einen wichtigen Meilenstein in der globalen Wirtschaftsordnung dar. Die Kombination aus natürlichen Ressourcen, strategischen Handelsrouten und einer wachsenden Eisenbahninfrastruktur schafft ideale Voraussetzungen für eine vertiefte Handelsintegration und eine stärkere Zusammenarbeit im Bereich der Logistik. Länder wie Iran und Ägypten spielen dabei eine Schlüsselrolle, indem sie die transkontinentalen Handelsströme erleichtern und neue Märkte erschliessen.
Um das volle Potenzial des erweiterten BRICS-Raums auszuschöpfen, müssen die Mitgliedstaaten eng zusammenarbeiten, um infrastrukturelle und logistische Herausforderungen zu bewältigen. Eine koordinierte Außenhandelspolitik und die Förderung von Investitionen in den Verkehrssektor sind entscheidend, um die Position der BRICS-Staaten als zentrale Akteure im globalen Handel zu festigen.
Quellen
- Roscongress Foundation, ITI Research Center (2024). «Trade Potential and Transport Connectivity of BRICS Countries after the 2024 Enlargement.»
- Roscongress Foundation, Eastern Economic Forum 2024.
- https://roscongress.org/sessions/spief-2023-briks-na-poroge-peremen
Foto von Morteza F.Shojaei auf Unsplash